Gegenüber den jugendlichen Kolonistensiedlungen seiner Nachbarschaft hat Letschin mit anderen alten Bruchdörfern eine überaus alte und ereignisreiche Geschichte. Als dem menschlichen Geiste noch jeglicher Gedanke an die Möglichkeit einer Bruchkultivierung fernlag, als jene unheimliche Sumpfwildnis von den Randbewohnern noch als Hexenkessel und Nebelheim gemieden wurde, da hausten bereits auf den höher gelegenen Horsten und Werdern wendische Fischer. Dass der Ursprung Letschins weit in die Vorzeit verweist, lehren gelegentliche Fundstücke. In der vorslawischen Zeit waren vermutlich die germanischen Semnonen hier ansässig. Als sie trotz ihrer durch Wald und Sumpf abgeschlossenen Lage von den Wellen der Völkerbewegung mit fortgerissen wurden und nach Süden vorgedrungen waren, rückten die wendischen Lubuschaner ins Bruch, während die Riezaner sich am Rande ansiedelten. Der ursprüngliche Name Letschins ist – um 1300 – Lutsin. In späteren Urkunden liest man Luthin, Lutschin, erst um 1650 Letzschien.
Vermutlich ist die erste Bezeichnung auf den altslawischen Stamm luza = Sumpf zurück zu führen, so dass die Verdeutschung „Sumpfdorf“ berechtigt erscheint. Eine Ableitung des Namens von leczani = Heilung ist unwahrscheinlicher. Nicht übel ist die im Volksmunde lebende Erklärung, nach welcher Letschin nichts weiter als eine Verdrehung von Lichtschien = Lichtschein ist, eine Übersetzung, die an das gegenwärtige Hechtestechen unter dem Scheine weit leuchtender Kienfackeln erinnert und die sogar eine wissenschaftliche Stütze in dem wendischen lutschina = Leuchte oder Fackel besitzt.
Die ursprüngliche Dorfschaft bestand aus niedrigen Lehmkaten und kunstlosen Blockhäusern, die auf einzelnen aus dem Bruch emporragenden Stümpfen aufgebaut wurden oder zu deren Fundament man horizontal liegende Baumstämme, später vielleicht auch eingerammte Pfähle verwandte. Um die ringförmige Dorfanlage, den sogenannten Rundling, zog sich ein hoher Kuhmistwall zum Schutze gegen die tückischen Oderfluten. Ein winziger Zugang, der leicht verteidigt werden konnte, führte auf den von mächtigen Bäumen beschatteten Platz, den die mit der Giebelseite zugekehrten Hütten umstanden. Vie und Mensch hausten gemeinsam unter einem Dach. Dass sich das Dorfleben der derzeitigen Heiden nach heutigen Begriffen höchst einförmig und unkultiviert abspielte, bedarf keiner Erwähnung; zeitweilige Abwechslung brachten wohl nur Kriegszüge und Überschwemmungsnöte.
Die mit der Regierung Karls des Großen beginnende Zeit der Christianisierung machte das Lebuser Land zu einem Tummelplatz Jahrhunderte langer Kämpfe. Es lässt sich denken, dass jene schicksalsreichen Zeiten auch für Letschin nicht ohne Einfluss waren. Nachdem das Land mehrmals wechselnd unter deutscher und polnischer Herrschaft gestanden, verquickte sich die Geschichte unter Heinrich V. (1106-1125) mit der Geschichte der Kirche, indem der Erzbischof von Magdeburg und darauf der Bischof von Lebus in die Geschicke eingriffen. Was die spezielle Ortsgeschichte betrifft, so ist bemerkenswert, dass vor 600 Jahren und früher das Dorf Lutsin lange Zeit im Besitze derer von Gustebis gewesen sein soll, also eines Geschlechts, das auch zu Güstebiese im Königsberger Kreise begütert war. Im Jahre 1379 jedoch verkauften Peter, Henning, Klaus und Hans, Brüder und Vettern der Gustebiesen das Dorf an den Bischof von Lebus. Seit dieser Zeit ist Letschin ein Pfarrdorf. …
… Das alte Wappen von Letschin, das noch jetzt im Gemeindesiegel geführt wird und sowohl auf der Fahne des Handwerksvereins als auch über der Eingangspforte des Knabenschulhauses prangt, stellt einen Baumstamm dar, um den sich eine Schlange windet und auf welchem ein Hahn steht. Über den Sinn dieses seltsamen Dorfzeichens hat sich leider nichts feststellen lassen. Die erste evangelische Predigt wurde in Letschin 1555 von dem Pfarrer zu Lietzen gehalten.
An der gegenwärtig langgestreckten Dorfanlage erinnert nichts mehr an den ehemaligen Rundling. Die Ursache dieser Erscheinung liegt in der Schreckenszeit des dreißigjährigen Krieges; denn im Winter 1640/41 wurde Letschin durch eine schwedische dazu kommandierte „Partie“ vollkommen niedergebrannt. Den Berichten zeitgenössischer Chronisten zufolge machten sich die furchtbaren Folgen jenes Elends noch bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts bemerkbar insofern, als man erst damals an einen massiven Kirchbau denken konnte. Die heutige Kirche, ein mit Ausnahme des Turmes völlig überputzter Backsteinbau, wurde 1812 anstelle einer in den dreißiger Jahren des 18. Jahrhunderts gebauten, 1809 niedergebrannten Anlage, unter Benutzung der alten Umfassungsmauern neu erbaut. Der Turm wurde 1818-19 in den Formen derzeitiger Backsteingotik hinzu gefügt. Neben Kriegsnöten und Brandschäden waren es insonderheit Überschwemmungen, die unsägliche Leiden über die Bewohner brachten. Die Zahl der verheerenden Wassernöte ging ins Übermaß. Erwähnt seien hier nur die Jahre 1565, 1609, 1736 und aus der Zeit nach der Entwässerung des Oderbruchs noch 1785 und 1838. Ganz besonders schlimme Folgen muss der 1736 bei Ortwig erfolgte Dammbruch gehabt haben; wie furchtbar das grausame Walten des Odergottes gewesen sein muss beweist die infolge Seuchen und ähnlicher Überschwemmungsfolgen erschreckend hohe Sterbeziffer 103, die das Letschiner Kirchenbuch für 1736 verzeichnet, während die Durchschnittsziffer der 1667 bis 1741 etwa 25 beträgt. In den denkwürdigen Jahren 1746 bis 1753 geschah durch das hochherzige Werk Friedrichs des Großen die Erschließung des bis dahin unwirtlichen Oderbruches. „Hätte Friedrich II. nur diese eine Tat vollbracht, so müsste man ihn schon darum zu den größten Wohltätern des Menschengeschlechts zählen“. Nichts beweist besser als ein Blick auf das im Eilgange gezeichnete Gegenwartsbild Letschins, dass die Erwerbung dieser „Provinz im Frieden“ den hellsten Edelstein in Friedrichs Krone darstellt. Es gereicht den Letschinern zur Ehre, dass sie dem großen Herrscher ein Dankesmal errichtet haben.
Freilich hat es vieler Jahrzehnte bedurft, ehe das alte Lutsin zu dem gegenwärtigen Entwicklungsgrad emporstreben konnte. Doch stiegen mit der Kolonisierung bald Seelenzahl und Ausdehnung. Schon 1805 wohnten in 97 Häusern 119 Einwohner; 1844 in 332 Häusern 2.630 Einwohner; 1861 in 365 Häusern 3.150 Einwohner, darunter 17 Katholiken und 29 Juden mit eigenem Beetsaal. Die gegenwärtige Seelenzahl schwankt zwischen 3.200 und 3.300. Vorübergehende Rückschritte in der Entwicklung brachte die unvergessliche Zeit vor hundert Jahren. Wie überall, so brachten die Franzosen auch in die Letschiner Häuser viel Ärger. Neben frechen Plünderungen, Diebstählen, Verführungen und ähnlichen Schandtaten, höhlten sie unter anderem das Brot aus und warfen es in die Jauche. Die Kosaken sollen die Betten aufgeschlitzt haben, so dass die Federn wie Schneeflocken umher flogen. Fünfundzwanzig brave Söhne Letschins starben den Heldentod und ruhen zumeist in fremder Erde. Ehre ihrem Andenken!
Zum Schlusse noch eine bescheidene Zusammenstellung ortsgeschichtlich interessanter Einzelheiten. Als das umfangreiche Gemeindeland noch unparzelliert war, erstreckten sich im Süden weite Flächen Weideland. Damit nun das frei treibende Vieh nicht die angrenzenden Äcker zerstören konnte, hatte man einen 436 Ruten langen Graben gezogen, der nunmehr längst zugeschüttet ist. An das Entwässerungswerk erinnern die unweit Letschin fließenden Haupt-, Jeser-, Stuterei- und Rattenlochgräben. Überreste ehemaliger Oderausbrüche sind die „Presse“ und „Bullenküte“. Seit dem das Bruch als Kulturland zu erblühen begann, gehörte zum Orte noch uralter Waldbestand, gegenwärtig ist davon nichts mehr zu merken. Und so klingt es beinahe sagenhaft, wenn alte Leute von einem ehemaligen Oberförster- und Försterhaus zu erzählen wissen. Ersteres, angeblich ein einfaches Blockhaus, stand auf dem Kosseschen Windmühlenberge. Friedrich der Große soll in demselben vor seinem Übergange bei Güstebiese anlässlich der Zorndorfer Schlacht übernachtet haben. Der letzte Oberförster hieß Heine, der letzte Förster Hornickel. Letzterer wohnte da, wo jetzt Wiesekes Gärtnerei steht. An jene Zeit erinnern nur noch die Bezeichnung Forstacker und Försterland. Letschin war auch im Besitze eines alten Herden- oder Hirtenhauses. Unweit der Gegend, wo jetzt die Chausseebrücke den Hauptgraben überschreitet, lag ehemals die „Melkestelle“. Der „Stäh“ hieß früher die Gegend gegenüber dem Mädchenschulhause. Die sogenannte „Seelkute“ hieß früher „Saukute“. Nächst dem Thomas Los war die Eichenkampe, nordwestlich vom Ort „Elsbusch“. In der Nähe der Götzeschen Schmiede lag der Müllergarten. Der alte Dorf- oder „Hälkrug“ hatte seinen Ort, wo gegenwärtig die am 09. März 1814 gepflanzte Friedenseiche steht.
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